Wer erinnert sich noch daran, dass wir den beliebten “Schaumkuss” jahrzehntelang nur als “Negerkuss” gekannt haben? Dennoch haben wir uns gut an die Umbenennung gewöhnt. Schließlich bemühen wir uns ja eifrig um (neudeutsch!) political correctness. Und gerade jetzt wird in den Medien ernsthaft diskutiert, ob man denn gewisse diskriminierende und fremdenfeindliche Formulierungen in älteren Kinderbüchern überhaupt noch dulden dürfe. Ob man also den “Mohr” aus dem Struwwelpeter und den “Negerkönig” bei Astrid Lindgren durch gesellschaftspolitisch korrekte, Jetztzeit-gemäße Bezeichnungen ersetzen sollte.
Was das überhaupt mit meiner Mail Art zu tun hat? Nun, ich habe vor kurzem eine US-amerikanische Briefmarke mit einem Portrait von Bette Davis bearbeitet. Die bekannte amerikanische Schauspielerin war Kettenraucherin, wie auch eine ganze Reihe ihrer Filmszenen aus den 196oer Jahren beweisen. Kein Wunder, dass das für die Briefmarke benutzte Foto die Davis auch mit einer typischen Raucher-Geste zeigt. Allerdings: Es ist überhaupt keine Zigarette zu sehen. Die hat man für die Briefmarke diskret wegretuschiert.
Stellt sich da nicht die Frage, ob es denn so selbstverständlich sein darf, ein historisches Foto zu manipulieren - es also zu zensieren? Wenn man den “Negerkuss” in einen unverfänglichen “Schaumkuss” umbenennt, nun ja, das mag durchaus angehen. Originale Formulierungen für die Neuausgabe traditioneller Kinderbücher einfach zu ändern, damit sie unserem Zeitgeist entsprechen – das erscheint mir schon wesentlich fragwürdiger. Und schließlich ältere Fotos bewusst zu verfälschen, um sie damit unseren heutigen gesellschaftlichen Gewohnheiten anzupassen – das geht mir denn doch einen Schritt zu weit.
Auch wenn man Bette Davis den Glimmstängel aus der Hand genommen und sie damit zwangsweise zur Nichtraucherin gemacht hat: Die Geste, die die Schauspielerin durch meine eigene Bearbeitung jenseits der Briefmarkengrenzen andeutet, bedarf ohnehin keiner Zigarette. Und das ist für mich überaus tröstlich.
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